„Alte Weberei“ ehem. Egeria – Tübingen

Universitätsstadt Tübingen
Bauzeit: 2011 bis 2016

Auftraggeber: Stadt Tübingen

1. Preis Wettbewerb, Städtebauliche Rahmenplanung / Baugemeinschaftsprojekt - Hochbau

ca. 700 Einwohner/ ca. 100 Beschäftigte/ Gemischtes Stadtquartier/ Konversion / Stadt der kurzen Wege / 10ha

Nominierung Staatspreis Baukultur 2016, Flächenrecyclingpreis 2016

Die Brache der ehemaligen Frottierweberei Egeria in Tübingen Lustnau verwandelte sich nach unseren Plänen in Arbeitsgemeinschaft mit Fromm Landschaftsarchitekten in das lebendige Quartier „Alte Weberei“. Um hohe städtebauliche und soziale Ziele zu realisieren, wurde das etablierte Tübinger Modell der Quartiersentwicklung angewandt, das den Zwischenerwerb durch die Stadt und die Vermarktung zu Festpreisen in einem „Wettbewerb der Ideen“ vorsieht, um die städtebaulichen Ziele Vielfalt, Mischung und Kleinteiligkeit zu realisieren. 2008/2009 erwarb die städtische Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WIT) mit ihrem Geschäftsbereich „Projektentwicklung“ die Egeria-Grundstücke. Vor der Entwicklung mussten komplexe Lösungen für den Hochwasserschutz, sowie für die betriebsbedingten Altlasten und den dort verfüllten Neckaraltarm erarbeitet werden.

Für die Neuordnung wurde 2009 ein zweiphasiger städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt. Zentrum des neuen Stadtquartiers ist der Egeriaplatz mit dem ehemaligen Firmenhauptgebäude, der die neue mit der bestehenden Bebauung verknüpft. Um diesen Platz gruppieren sich sechs Höfe, in denen v.a. private Bauherren einzeln oder in Gruppen unterschiedliche Gebäudetypen errichteten. Durch die Aufnahme von Blick- und Wegebezügen konnte der Stadtteil Lustnau räumlich an den Neckar herangeführt werden. An den Rändern bilden zur Bestandsbebauung dreigeschossige Einzelgebäude und zum Neckar offene Höfe den Übergang. Die Flächen, die wegen Altlasten oder Hochwasser nicht überbaut werden konnten, ließen große Freibereiche entstehen. Die Blockstrukturen bilden einen klar definierten öffentlichen Raum sowie geschützte Innenhöfe aus, die gemeinsam von den Bewohnern gestaltet wurden.

Ein innovatives Energiekonzept nutzt die Wärme der nahen gelegenen Kläranlage. In vielen Erdgeschossen sind Nutzungen entstanden, die das Quartier beleben: Zum Beispiel ein Kinderhaus, Projekt „viertel vor“, ein Genossenschaftsladen. Sowohl für die Bewohner in der Umgebung als auch für die Zuziehenden wurden von Anfang an verschiedene Formen der Bürgerbeteiligung eingerichtet.

Die große Vielfalt an Projekten unterschiedlicher Bauherren ließ ein lebendiges, sozial wie funktional gemischtes Stadtquartier entstehen. Baukultur in der Alten Weberei geht damit über einzelne Gebäude hinaus; vielmehr ist es ein Zusammenspiel von Beteiligungs- und Städtebaukultur in Verbindung mit einer aktiven Bodenpolitik.